Der Schleier des Vergessens – eine Leseprobe
von Maika Adam
Ein Wimmern. Hat mich das geweckt? Oder das eigene Ächzen?
Was mache ich hier? Meine Hand lag bis eben schlaff neben mir. Jetzt fahren die Finger über etwas Nachgiebiges, das sie leicht kitzelt. Wie ein Teppich. Trotzdem fühlt sich der Untergrund hart an. Wo bin ich? Warum liege ich?
Abermals höre ich das Wimmern.
Ich öffne die Augen und schließe sie schlagartig wieder. Ich habe direkt in die Sonne geschaut. Warum liege ich im Freien herum? Ich drehe mich zur Seite. Au. Ein Schmerz am Kopf. Lieber nicht berühren! Fühlt sich nach einer riesigen Beule an. Zum Glück unter den Haaren. Beim nächsten Augenöffnen erkenne ich, wo ich bin. Grashalme! Das ist kein Teppich. Ich liege auf Rasen.
Neben mir ein kleines Mädchen, das wieder wimmert. Dunkle Haut, schwarze, krause Haare. Sie gehört nicht zu mir. Oder doch? Immerhin liegt sie bei mir.
Ich setze mich auf. Die Hand, die durch den vermeintlichen Teppich gefahren ist, also meine Hand, hat weiße Haut. Ich zupfe mir an den Haaren, umschiffe tunlichst die Beule, ziehe eine Strähne aus dem Zopf: Sie ist blond. Was ist nur mit mir geschehen? Wieso erinnere ich mich nicht an die eigene Haarfarbe? Ich muss gestürzt sein. Die Beule, der Rasen, … und das hier ist kein Freibad.
Das Wimmern verwandelt sich in ein Heulen. Die Kleine hat sich ebenfalls aufgesetzt. Jung, noch kein ein Schulkind. Vielleicht nicht einmal alt genug für den Kindergarten. Sie schaut um sich herum und fängt an zu schreien. Meine Güte! Wann kommt denn die Mutter? Oder von mir aus der Vater oder die Babysitterin?
Bin doch ich zuständig für sie? Starrt mich schon jemand an, weil ich doof im Rasen hocke und nichts tue? Ich schiele nach rechts und links. Dann springe ich auf, was sofort zu einem Taumeln führt. Ich kauere mich zurück auf den Boden. Was ist nur mit mir? Hatte ich einen Kreislaufzusammenbruch?
Aber dann wäre ich nicht die Einzige. Überall liegen Leute. An den Biertischen weiter hinten hängen Menschen über den Tischen oder sind rückwärts runtergefallen. Ein alter Typ mit Rauschebart ist mit den Beinen zwischen Bank und Tisch festgeklemmt, während er hinterrücks umgekippt sein muss. Es sieht aus, als steckte er in einer ungesunden Dauer-Yoga-Übung fest.
Hinter mir ein Kreischen. »Hilfe! Ich brauche Hilfe!« Eine Frau, die hysterisch herumläuft, aber nicht verletzt aussieht. Warum schreit sie? Sollte sie sich nicht lieber um den zwei Schritte vor ihr liegenden Mann kümmern, der sich über eine blutende Nase zusammenkrümmt? »Wo bin ich? Wer bin ich?« Sie ruft immer weiter.
Das Mädchen neben mir starrt auf sie, um sofort schriller als zuvor zu schreien. Will sie etwa das Kreischen der Frau übertönen?
Weg hier! Wie komme ich nur weg? Noch einmal versuche ich aufzustehen. Diesmal langsam. Es geht. Ich stehe. Zwar wackelig, aber im aufrechten Stand.
»Wo bin ich? Wer bin ich?«, hat die hysterische Frau geschrien. Sie weiß nicht, wer sie ist. Ich weiß nicht, welche Haut- und Haarfarbe ich habe. Wie ist mein Name? An welchem Ort bin ich?
Ein Fest auf einem Rasenplatz. Dort drüben ein paar Häuser, die allenfalls zu einem Dorf gehören. Eines könnte ein Gemeinschaftshaus sein. Gleich hier links ein Feuerwehrhaus. Viele Kinder. Manche torkeln herum, andere liegen oder sitzen auf dem Rasen. An nichts davon kann ich mich erinnern. Wie heißt der Ort? Wohne ich hier? Ist das ein Fest von der Dorffeuerwehr?
Ich trage einen Rock, darunter Stiefel, die derb aussehen. Obenrum ein T-Shirt, nicht schick, zum Glück nicht schäbig. V-Ausschnitt. Steht mir das? Woher soll ich das wissen? Wie sehe ich aus? Blond und weißhäutig, aber ansonsten? Ich brauche einen Spiegel!
Die Kleine schreit lauter und robbt zu mir. Sie umklammert meine Knie.
Quatsch. Ich brauche keinen Spiegel. Es ist egal, ob ich schön oder hässlich bin. Alt oder jung. Ich sollte mich darum kümmern, was hier los ist. »Alles gut, meine Kleine.« Ich streiche über die krausen Haare. Sie kitzeln in der Handfläche, sind zugleich weich und stark. Fühlt sich ungemein gut an. Cool. »Wir finden gleich deine Mama oder deinen Papa.« Das kann nicht so schwer sein. Die meisten sind hellhäutig. Das Mädchen stellt das Schreien ein.
Auf den ersten Blick habe ich keinen Erfolg. Ich sehe blonde, braunhaarige, einige schwarzhaarige, dann einen dicken Kerl, der sich gerade aufrappelt und karottenrote Haare hat.
Die Kleine fängt wieder an zu heulen.
Meine Güte, wie beruhigt man ein Kind? Das Schreien hilft wirklich nicht.
Immerhin hat die Frau ihr Gekreische eingestellt. Jetzt packt sie einen jungen Mann mit Nickelbrille. »Du kannst dich auch an nichts erinnern?«
Er schüttelt den Kopf und schaut sich um, als hätte man ihn auf den Mond gebeamt.
Ich habe eine Tasche um die Hüften. Nicht so eine Bauchtasche, die sich unvorteilhaft nach vorne wölbt, wie manche Touris sie tragen. Nein, es ist eine sich an die Hüfte anschmiegende Stofftasche. Wow, sieht die gut aus! Falls ich ein hässliches Gesicht habe: Die Hüfttasche gleicht das aus. Leuchtender Webstoff mit einem Muster, nichts Aufgedrucktes, sondern aufwändig gewebt. Gefällt mir.
Das Öffnen der Tasche zeigt den Nachteil des schicken Stücks. Da passt nicht viel rein. Ein kleines Handy von der altmodischen Sorte. Ein Schlüsselbund mit vier Schlüsseln, ein weißes, zerknittertes Stofftaschentuch, immerhin sauber aussehend, und drei Müsliriegel. Ich ziehe einen heraus. »Glutenfrei« leuchtet mir entgegen. Außerdem: »Bio« und »Vegan«. Es könnte sein, dass der Bratwurstgrill vor dem vermeintlichen Dorfgemeinschaftshaus nichts für mich ist. Ohnehin riecht es von dort verbrannt.
Die Kleine neben mir stellt das Heulen ein. Sie streckt den Arm nach dem Riegel aus.
Gut, wenn ich damit erreiche, dass sie nicht mehr an meinem Bein klebt und vor allem aufhört rumzuschreien, dann gerne. Ich öffne die Verpackung und reiche ihr den Riegel.
Gierig mampft sie ihn auf und schaut sofort besänftigt aus. Das ging einfach.
Jemand greift nach mir. Ich drehe mich um.
Noch ein Kind. Größer, lange Haare, die zwischen blond und braun changieren. Junge oder Mädchen? Die Mähne sieht nach Mädchen aus, allerdings zottelig. Der Rest, kurze Hose, Fußball-Shirt und die Gesichtszüge, lässt eher auf einen Jungen schließen. Das Kind schiebt seine Hand in meine.
Was ist das denn? »Willst du etwa auch einen Müsliriegel? So viele habe ich nicht davon, dass ich alle Kinder versorgen kann.«
Ein Kopfschütteln als Antwort – und ein Blick wie der eines treuen Hundes.
»Wer bist du? Wie heißt du?«
Diesmal Achselzucken statt einer Antwort.
Ist auch eine blöde Frage. Ich möchte jedenfalls nicht, dass mir jemand die jetzt stellt.
»Bist du ein Junge oder ein Mädchen?«
Ich habe gewusst, dass ich eine Frau bin. Oder? Keinen Moment habe ich darüber nachgedacht, sogar befürchtet, dass andere mich für die Mutter der schreienden Kleinen neben mir halten könnten.
Das größere Kind vor mir schaut verwirrt, fährt mit der freien Hand über die Hose. »Ein Junge!« Es klingt erleichtert. Irgendetwas in ihm hat es gewusst, obwohl er sich wohl sonst an nichts erinnern kann.
Oh nein! Ich reiße mich von seiner Hand los und renne über den Rasen. Der Würstchengrill brennt. Ich greife nach einer der Wasserflaschen vom Biertisch.
Ein Typ mit Bierbauch und hochrotem Gesicht ist vor mir da. Er sieht die Flasche, mit der ich herbeirenne, und schwenkt abwehrend die Hände.
»Kein Wasser«, schreit er. Er selbst schüttet aus einem Eimer Sand über das Feuer. Vermutlich von einer Sandkiste. Der Eimer sieht nach Kinderspielzeug aus. Danach schiebt er alles, was an Grillgut auf dem Rost liegt, zur Seite. Der Geruch von verbranntem Fett kriecht mir unangenehm in die Nase. Manche der Würstchen sind vollkommen schwarz.
Die Flammen zucken, dann geben sie auf.
»Hm«, entfährt es mir verschämt. Ja: Man soll Fettbrand nicht mit Wasser löschen. »Sie sind ein Profi, nicht wahr? Vermutlich von der Dorffeuerwehr, oder?«
Er wird noch roter. Wie alt wird er sein? Über sechzig, vielleicht sogar älter als 70. Ein teils speckiges Hemd spannt sich über den Bauch. Darunter klimpert ein fetter Schlüsselbund am Gürtel. »Äh, ich weiß nicht. Aber ich bin nicht dement.« Er schaut mir in die Augen, als könnte er damit sicherstellen, dass ich ihm glaube. Der Arme.
Ich tätschele ihn am Arm. »Nein, du bist nicht dement. Es scheint so, als ob alle gerade ihr Gedächtnis verloren haben. Ich weiß ebenfalls nicht, wie ich heiße und wer ich bin.«
Gemeinsam sehen wir uns um. An der Sandkiste schreien Kinder, aber kein Erwachsener fühlt sich zuständig. Eine alte Frau bleibt, obwohl sie augenscheinlich bei Bewusstsein ist, auf dem Boden liegen und rührt sich nicht. Andere irren umher, als müssten sie nur den richtigen Weg finden und die Erinnerung käme zurück. Manche haben sich am Biertisch in eine sitzende Position aufgerappelt und verharren da stoisch, als wäre nichts passiert. Um den brennenden Grill haben sich nur Meister Schlüsselbund und ich gekümmert.
Was immer geschehen ist, es lag nicht daran, dass ein einzelner mit dem Kopf aufgeschlagen oder plötzlich dement geworden ist. Irgendetwas hat uns alle getroffen, ausgeknockt und ohne Gedächtnis aufwachen lassen.
»Mama!« Der Junge mit den langen Haaren. Er schiebt seine Hand in meine. Weiter hinten trottet die Kleine mit dem coolen Krusselkopf. Ebenfalls auf dem Weg zu mir.
»Hm, ich glaube eher nicht, dass ich deine Mama bin.« Ich schaue vom Jungen zu Meister Schlüsselbund. »Was meinst du …«
Oh, ich duze ihn ja, aber er zuckt nicht einmal zusammen, sondern schaut mich dankbar an. Vermutlich, weil ich ihm versichert habe, dass er nicht dement ist. »… kann ich seine Mama sein?«
»Äh, vielleicht.« Er schaut zwischen uns hin und her. »Vielleicht! Aber eher nicht die Mutter von der Kleinen.«
Sie ist inzwischen auch angekommen und streckt auffordernd die Arme nach oben.
Meine Güte! Was soll ich nur machen? »Okay, Kleine.« Ich hebe sie hoch. Der Junge lässt dafür meine Hand los, aber rückt keinen Millimeter von mir ab. »Wir schauen, ob wir jemanden für dich finden.« Ich laufe los. Das Mädchen umschlingt mit den Ärmchen meinen Hals. Der Junge weicht mir nicht von der Seite.
Die Leute reden mittlerweile miteinander. Ich suche jemanden Erwachsenes mit dunkler Hautfarbe und bekomme nebenbei etwas von den Gesprächen mit:
»Ich habe einen Ausweis. Guck, ich heiße Simon Peters.«
»Hey, ein BMW-Autoschlüssel.«
»Das Handy geht nicht. Mist.«
Es sind hundert oder hundertfünfzig Erwachsene. Dazu Kinder, um die sich kaum jemand kümmert. Ich bin die Einzige, die mit zwei Kleinen unterwegs ist. Niemand hat dunkle Haut. Niemand hat krause Haare. Ich hocke mich auf eine Bierbank. So ein Kind zu tragen, ist schwer.
Die Kleine greift sofort zu einer Brezel, die angebissen auf dem Tisch rumliegt.
Soll ich ihr die wegnehmen? Wem gehört die Brezel? Egal, kann sich eh keiner erinnern. Wenn das hilft, damit sie nicht schreit, ist mir das recht.
»Wir müssen was tun!«, ruft ein Typ mit Schnauzbart. Er sieht aus wie ein Macher. Oder einer, der schon immer Chef war und dafür sorgt, dass die anderen machen.
Der Junge mit den langen Haaren sitzt neben mir und schaut mich an.
»Wenn du auch ›ne Brezel oder irgendwas willst, dann nimm dir«, murmele ich. »Weiß eh keiner, wem was gehört.«
»Stimmt!« Der junge Mann mit der Nickelbrille taucht schräg hinter mir auf. Er grinst. Dann greift er nach einer Zeitung, die herumliegt.
»Ich will nichts essen, Mama. Ich will nach Hause.«
Nach Hause? Wo ist mein Zuhause? Oder das des Jungen?
»Weißt du, wo das ist?« Nickelbrille schaut angespannt auf den Jungen.
Der Junge starrt zu ihm, greift nach meiner Hand und schüttelt den Kopf.
»Sieh dich einmal um«, ermuntert Nickelbrille. »Kommt dir etwas bekannt vor? Vielleicht wohnst du neben dem Kirchturm?«
Der Junge schaut kurz in Richtung der Häuser, rückt dann näher zu mir.
»Lass ihn in Ruhe«, murre ich und sende einen strafenden Blick zu Nickelbrille.
»Sorry, ich dachte, möglicherweise sind die Kinder besser dran als wir. Immerhin ist der Junge vorhin zielstrebig zu dir gelaufen.«
War das so? War er wirklich meinetwegen gekommen? Und nicht bloß, weil er gesehen hatte, dass ich die Kleine mit einem Müsliriegel füttere? Dafür spräche, dass er wirklich nichts zu essen haben will.
»Wenn du mich Mama nennst«, ich streiche ihm über die langen Haare, »hast du dann eine Ahnung, wie ich richtig heiße?«
Er schaut mich an. »Mama!« Entschuldigend zuckt er die Schultern. Sofort darauf verzieht er das Gesicht. Gleich fängt er an zu weinen. Was ich ihm nicht verdenken kann. Die Lage ist zum Heulen.
»Okay, wir machen ein Spiel«, sage ich hastig. »Wir suchen uns Namen aus.« Prüfend schaue ich ihn an. »Du siehst sportlich aus. Kannst bestimmt schnell rennen. Und du hast etwas Kluges und Gefährliches in den Augen.«
Er grinst. »Ich bin ein großes Tier.« Er reckt das Kinn nach vorne und streckt die magere Jungs-Brust heraus.
»Ja, genau. Außerdem hast du eine wahre Löwenmähne. Ich finde, du heißt Leo. Leo, der Löwe.«
»Cool!«, sagt er. »Und sie?«
Er zeigt auf das Mädchen, das in meinem Schoß zufrieden an der Brezel knabbert.
Ich zucke die Achseln.
»Schokomaus«, sagt Leo.
Oh, oh. Darf man das? Ein Kind mit dunkler Hautfarbe und schwarzen Haaren Schokomaus nennen?
»Guck nicht so!« Leo schüttelt den Kopf. »Du denkst falsch. Sie heißt Schokomaus, weil sie Schokolade mag. Nicht weil sie aussieht wie Schokolade. Das wäre ja rassistisch.« Dann rubbelt er ihr über die Haare und fragt mit einer liebevollen Stimme, die ich ihm nicht zugetraut hätte: »Stimmts, Kleine, isst Du gerne Schokolade?«
Sie lässt sofort die Brezel sinken und strahlt Leo an.
»Ich suche dir welche.« Leo rennt los, zuckt nach zwei Schritten zusammen und bremst. Eilig dreht er sich wieder zu mir. »Nicht weggehen, du bist meine Mama!« Ein Blick zwischen Selbstbewusstsein und panischer Angst trifft mich.
»Ich warte hier auf dich.« Ernst nicke ich ihm zu. Der Junge muss klug und darüber hinaus feinfühlig für sein Alter sein. Zehn wird er sein. Kaum älter. Dann über Rassismus zu sprechen, zudem einzukalkulieren, dass ich weggehen könnte, ist beeindruckend.
Leo rennt davon.
Ich sehe zu dem Typ mit der Nickelbrille. »Ich glaube ja nicht, dass ich seine Mama bin.«
Er zuckt nur die Schultern. »Wäre nicht der schlechteste Sohn.« Sofort schaut er wieder in die Zeitung. Wie kann man in einer Situation, in der alle verwirrt sind, in der fast der Grill abgefackelt wäre und das eine oder andere in Brand gesteckt hätte, in der Leute hilflos auf der Erde liegen und Kinder mutterseelenallein rumschreien, Zeitung lesen?
»Los, kommt alle zusammen!« Wiederum ruft der Typ mit dem Schnauzbart.
Die Leute folgen. Er versammelt sie vor dem Dorfgemeinschaftshaus. Ich sollte auch dorthin. Es macht Sinn, dass wir uns zusammenschließen.
Nickelbrille nimmt die Zeitung und will zur Versammlung marschieren. Dann hält er inne. »Kommst du nicht mit?«
»Leo ist noch nicht zurück.« Ich habe ihm versprochen zu warten. Das werde ich einhalten.
»Hast du auch einen Namen für mich?«, fragt er.
›Solange du nicht gleich anfängst zu heulen, nicht‹, will ich sagen. Denn nur deshalb hatte ich das Spiel mit dem Jungen angefangen. Stattdessen sage ich: »Nick«. Dass sich das von Nickelbrille ableitet, verrate ich lieber nicht.
»Nick«, wiederholt er, wobei er zufrieden grinst.
»Und ich?« Fragend schaue ich ihn an. Er ist einen Kopf größer als ich, ein dünner Typ, der wie ein Klugscheißer aussieht. Oder liegt das lediglich an den kreisrunden Brillengläsern?
Er grinst noch breiter. »Mama. Hast du doch gehört!«
»Wohl kaum!«
»Aber dein Leo hat das voller Überzeugung gesagt, insofern heißt du sicherlich ähnlich wie Mama. Wie wäre es mit Mara?«
Mara klingt nach jemand Mütterlichem. Das trifft nicht auf mich zu, oder? Doch jetzt passt es, denn mich haben gleich zwei fremde Kinder als Mutter adoptiert.
Leo kommt angerannt. Stolz zeigt er eine Packung mit Schoko-Leibniz-Keksen. Sind die jetzt geklaut? Darf man das? Er schaut mich mit klug blickenden Augen an. »Das waren bestimmt unsere.« Er reißt die Schachtel auf und reicht Schokomaus einen Keks. Sie quietscht vergnügt.
Nun ja, meine waren es nicht. Denn ich habe glutenfreie, vegane Bio-Riegel dabei. Dazu passen Leibniz-Schoko-Kekse auf keinen Fall.
Leo nimmt sich auch einen Keks, dann bietet er mir einen an.
Ich lehne ab und deute auf Nick. »Vielleicht will Nick einen?«
Nick greift zu. »Schokolade immer!« Wieder grinst er und beißt ein Stück ab. »Kommt, wir gehen zur Versammlung!«
Fortsetzung gewünscht?
